Anna Walder, 1894-1986

Anna Walder wuchs als Tochter eines reformierten Landarztes in Wängi auf. Nach der Schulzeit und einem Sprachaufenthalt in Neuenburg arbeitete sie von 1910-1916, weil ihr der Zugang zur Kantonsschule und damit zum eigenen Medizinstudium verwehrt war, in der väterlichen Praxis mit. Von 1918-1919 absolvierte sie den sozialen Fürsorgekurs Zürich und anschliessend den ersten Kurs für weibliche Berufsberatung. Von Januar 1920 an ist Anna Walder Fürsorgerin beim Thurgauischen Frauenverein zur Hebung der Sittlichkeit. 1924 Kündigung dieser Stelle, da sie seit 1922 vom Thurgauischen Lehrlingspatronat beauftragt ist, die Leitung der neu gegründeten Thurgauischen Zentralstelle für weibliche Berufsberatung in Frauenfeld zu übernehmen. Diese Aufgabe hatte sie bis 1962 inne. Sie war geprägt von viel persönlichem Engagement bei dauernder finanzieller Unsicherheit und bescheidener Entlöhnung. 1926 initiierte sie die Gründung des Bundes Thurgauischer Frauenvereine (später Frauenzentrale). Nebenamtlich wirkte sie in zahlreichen Kommissionen mit, so etwa 1946-1969 in der Ostschweizerischen Kommission für die Berufsprüfung der Bäuerinnen und engagierte sich nach ihrer Pensionierung für die staatsbürgerliche Bildung der Frauen.


Kontextualisierung
Als zeitlebens ledige Frau arbeitete sie vollberuflich mit viel Engagement und wenig Lohn für Aufgaben, die heute selbstverständlich als staatlich gelten. Sie verhalf Generationen von Mädchen nach der Schulzeit zu Anschlusslösungen. Als Gründerin des Bundes Thurgauischer Frauenvereine setzte sie sich als liberaler Geist zurückhaltend-massvoll, aber konsequent für die Rechte der Frau ein.


Weitere Informationen
Nachlass im ThurgauerFrauenArchiv F 1’34, 7/2, 2
Jacobi, Verena; Forster Anna: Anna Walder (1894–1986), in: Thurgauer Köpfe (TB 132 (1995), S. 305–315.
Forster, Anna: Anna Walder. Berufsberatung für Töchter, in: bodenständig und grenzenlos. 200 Jahre Thurgauer Frauengeschichte(n), Frauenfeld 1998, S. 134–135 (u. a.).
https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/009406/2013-08-20/

ThurgauerFrauenArchiv, Autorin lic.phil. Nathalie Kolb
Diese Ausstellung wurde angeregt durch das Projekt Hommage 2021, hommage2021.ch.